Neue Arbeitszeiten denken

Die Arbeitswelt verändert sich. Stetig.

Wir werden bzw. sind unglaublich produktiv. Neue technologische Möglichkeiten bieten vielfältige Chancen, die Arbeitsbedingungen in Unternehmen und Betrieben zu verbessern, Belastungen zu verringern und die Handlungsspielräume der arbeitenden Menschen zu erweitern. Auch die Digitalisierung könnte ein Baustein sein, Arbeits- und Lebenszeit besser zu verteilen.

Mit der Digitalisierung wird Arbeit natürlich immer häufiger ortsunabhängig erledigt oder über Plattformen organisiert. Auch hier müssen Arbeitnehmer*innenrechte unvermindert gültig und wirksam sein. Gewerkschaften sollen ein digitales Zugangsrecht zum „virtuellen“ Betrieb erhalten.

Bei all diesen Veränderungen meine ich, dass wir auch neu über Arbeitszeiten reden müssen. Dabei darf es, im positiven Sinne, auch kreativ zugehen.

Bild: Daliah Immel Fotografie

Im Zukunftsprogramm der SPD steht dazu folgendes:

„Dazu gehört, dass Arbeitszeiten besser zum Leben passen und Menschen mehr selbstbestimmte Zeit haben – etwa für Familie, soziales Engagement und Weiterbildung. Wir werden die Schutzfunktion des Arbeitszeitgesetzes erhalten. Eine Verlängerung der täglichen Arbeitszeit schließen wir aus. Wenn die Arbeit durch Produktivitätsgewinne weniger werden sollte, müssen alle davon profitieren. Da wo Gewerkschaften für die Absenkung von Arbeitszeit streiten, um mehr selbstbestimmte Zeit zu ermöglichen oder Beschäftigung zu sichern, stehen wir an ihrer Seite.“ Und weiter heißt es: „WIR SORGEN DAFÜR, DASS VOM WANDEL DER ARBEITSWELT ALLE PROFITIEREN.“

 

 

Doch dabei dürfen wir es, meiner Meinung nach, nicht belassen. Ich will eine kritische und wertschätzende Diskussion über die Einführung der 35-Stunden-Woche. Durchgeführte Modellversuche und Studien belegen, dass eine Reduzierung der (Wochen)Arbeitszeit nicht zu sinkender Produktivität führt, sondern im Gegenteil, diese steigt. So zu beobachten bei einer Studie in Island und Versuchen in Australien. Auch in Deutschland gibt es heute schon Firmen, die bspw. mit einer Vier-Tage-Woche arbeiten.

Auch für Lebensarbeitszeit- oder Chancenkonten will ich mich stark machen. Solch ein flexibles Instrument würde dazu beitragen, dass man in den jeweiligen Lebensphasen so arbeiten kann, wie es erforderlich ist und zum Leben passt. Wenn man jung und ohne Verpflichtungen ist, kann man beispielsweise Arbeitszeit ansparen/ansammeln, um später im Leben reduzieren zu können. Natürlich sind dabei viele Detailfragen zu klären. Einer ernsthaften Auseinandersetzung damit, sollten diese jedoch nicht im Wege stehen.

Auch Bildungs- und Weiterbildungszeiten könnten dabei Berücksichtigung finden.

Im Zukunftsprogramm steht dazu richtigerweise schon folgendes:

„Bereits jetzt besteht die Möglichkeit, dass Arbeitnehmer*innen ihre geleisteten Arbeitsstunden auf Langzeitkonten ansparen. Allerdings besteht bislang kein rechtlicher Anspruch darauf und nur ein kleiner Teil der Unternehmen und Arbeitnehmer*innen nutzt Langzeitkonten. Wir werden das Instrument zu einem persönlichen Zeitkonto weiterentwickeln, um zusätzlich individuelle Gestaltungsmöglichkeiten entlang des Lebenslaufs zu schaffen. Basis eines solchen Zeitkontos sind Zeiteinzahlungen der Beschäftigten – auf diese Weise gehen Überstunden nicht verloren, sondern verwandeln sich in ein Zeitguthaben, das per Tarifvertrag oder durch den Staat nach dem Prinzip eines Chancenkontos aufgestockt werden kann.“

Den Zugang zur Brückenteilzeit muss für mehr Beschäftigte möglich gemacht werden. Darüber hinaus setze ich mich für ein echtes Rückkehrrecht in Vollzeit ein.

Wichtig ist für mich, dass bei allen Veränderungen der Mensch und dessen Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen.