Internationaler Tag für Gerechtigkeit

Bild: Daliah Immel Fotografie

Ist unsere Gesellschaft wirklich „gerecht“? Ich finde nicht. Die soziale Spaltung hat dramatische Ausmaße angenommen und auch die völlige Gleichberechtigung der Geschlechter haben wir bisher noch nicht erreicht.

 

Die Schere zwischen Arm und Reich geht weiter auseinander

Während den reichsten zehn Prozent der Bevölkerung 56 Prozent des Gesamtvermögens gehört, besitzen 50 Prozent der Bevölkerung gerade mal 2,4 Prozent.

Dabei geht es Deutschland, selbst in der Pandemie, gut. Wir sind produktiv, exportieren viel und haben ein hohes Vermögen. Und trotzdem wächst z.B. in Wiesbaden jedes fünfte Kind in Armut auf.

Ich will das nicht hinnehmen. Und ich lasse mich auch nicht kirre machen, wenn da manche eine Neiddebatte heraufbeschwören. Darum geht es nicht, sondern darum, dass alle einen angemessenen Beitrag zum Zusammenhalt der Gesellschaft leisten.

Getreu dem Motto: Starke Schultern können und müssen mehr tragen, als schwache.

Es ist Aufgabe der SPD, dass die Verteilungsfrage wieder gestellt. Wir benötigen tragfähige und gerechte Konzepte, um die öffentliche Daseinsvorsorge auskömmlich zu finanzieren und alle an der Finanzierung angemessen zu beteiligen.

Die Ungleichbehandlung bei der Besteuerung von Einkommen aus Kapital und Arbeit ist durch nichts zu rechtfertigen. Eine Abschaffung der Abgeltungssteuer ist daher zu prüfen. Ziel muss sein, Kapitalerträge nach den gleichen Regeln und Steuersätzen wie sonstige Einkommen zu besteuern.

 

Was meiner Meinung nach zu tun ist

Ein gerechtes Steuersystem, dass zu einer solidarischen Finanzierung der gesamtgesellschaftlichen Kosten beiträgt, bedeutet für mich:

  • die Vermögenssteuer wieder einführen (mit einem linear ansteigenden Tarif auf hohe Vermögen ab 2 Mio. Euro)
  • den Spitzensteuersatz erhöhen; gleichzeitig brauchen wir aber eine Rechtsverschiebung, d.h. eine Erhöhung der Grenze, ab der dieser Spitzensteuersatz zu zahlen ist (um den Mittelstand zu entlasten)
  • einen Zuschlag zur Einkommenssteuer in Höhe von 3%-Punkten für hohe Einkommen (250.000 Euro für Singles; 500.000 Euro für Paare)
  • eine echte Finanztransaktionsteuer durchsetzen, um Finanzmarktspekulation wirksam zu regulieren
  • die Erbschaftssteuer (bei der Vererbung von Großvermögen) deutlich erhöhen, gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, dass Betriebsvermögen erhalten wird und es nicht zu einer Vernichtung von Arbeitsplätzen kommt
  • wir müssen sicherstellen, dass Unternehmen und Banken dort Steuern zahlen, wo die Gewinne erwirtschaftet werden. Dazu gehört auch die Erhebung einer wirksamen Digitalsteuer, damit Internetunternehmen dort gerecht besteuert werden, wo die Umsätze anfallen.

 

Eine gerechte Gesellschaft gibt es nur mit einer echten Gleichstellung der Geschlechter

Als Mutter dreier Mädchen mache ich mir immer wieder Gedanken darüber, in welcher Welt sie aufwachsen und welches Selbstverständnis sie prägt. Ich will ihnen mit auf den Weg geben, dass sie alles erreichen können. Dass sie als Menschen genau so viel wert sind, wie Thomas, Lukas und Anton.

Aber 103 Jahre nach dem Erkämpfen des Wahlrechts haben Frauen immer noch nicht die gleichen Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben wie Männer. Sie erhalten pro Arbeitsstunde durchschnittlich 18 Prozent weniger Geld als Männer und arbeiten fast doppelt so häufig im Niedriglohnsektor. In den Vorständen deutsche Unternehmen gab es 2018 mehr Vorstandsmitglieder, die Thomas oder Michael heißen, als ALLE Frauen zusammen.

Gleichstellung ist immer Querschnittsaufgabe: Alle Politikbereiche müssen hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Gleichstellung der Geschlechter überprüft werden. Das bedeutet eine angemessene Repräsentanz von Frauen in Entscheidungsgremien der Politik, Wirtschaft, Bildung und Kultur, etc. Es bedeutet eine Steigerung der Frauenerwerbsquote in gut entlohnten, unbefristeten und sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen und die Beendigung der partnerabhängigen Leistungsberechnung bei Arbeitslosigkeit. Es bedeutet zudem ein faires und zeitgemäßes Steuerrecht.

Und wenn Frauen für ihre Rechte streiten müssen, braucht es ein echtes Verbandsklagerecht, damit in Diskriminierungsfällen Durchsetzung von Menschenrechten nicht mehr dem Zufall überlassen wird.

 

Wie wir echte Gleichberechtigung schaffen

Ganz konkret setze ich mich ein für:

  • Gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit durch ein wirksames Entgeltgleichheitsgesetz mit einem echten Verbandsklagerecht.
  • Die Tarifverträge und ihre Anwendungspraxis müssen durch die Sozialpartner geschlechtergerecht überarbeitet werden. Die Unternehmen müssen direkte und mittelbare Ungleichbezahlung in ihren Entgeltsystemen durch zertifizierte Prüfverfahren aufdecken und beheben.
  • Die „SAHGE-Berufe“, also Soziale Arbeit, Haushaltsnahe Dienstleistungen, Gesundheit, Pflege und Erziehung, müssen deutlich besser entlohnt werden. Dafür braucht es einen gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von mindestens 12 Euro.
  • Minijobs müssen als zentrale Stützpfeiler des Niedriglohnsektors mit sozialversicherungspflichtiger Arbeit gleichgestellt werden. Das ist nicht nur für die vielen Frauen wichtige, die einen Minijob haben.
  • Beschäftigte brauchen mehr Arbeitszeitsouveränität. Das individuelle Recht auf Teilzeit muss uneingeschränkt gelten sowie ein echtes Rückkehrrecht auf Vollzeit für alle gesetzlich verankert werden.
  • Ein Gleichstellungsgesetz für die private Wirtschaft muss Unternehmen verpflichten, die eigenen Strukturen regelmäßig auf Geschlechterdiskriminierung zu untersuchen und solche mit verbindlichen Gleichstellungsmaßnahmen zu beheben.
  • Abschaffung des Ehegattensplittings! Statt der milliardenschweren Subventionierung des männlichen Allein- oder Hauptverdienermodells müssen Familien mit Kindern entlastet werden und ganz besonders die Armutsgefährdung von Ein-Eltern-Familien beendet werden.
  • Keine Frau soll in Belastungssituationen allein für ihre Rechte kämpfen müssen. Deshalb muss das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetzes durch ein echtes Klagerecht für Verbände verbessert werden.
  • Frauen brauchen einen Rechtsanspruch auf Schutz vor Gewalt. Die verbindliche, ausreichende und verlässliche Finanzierung von Schutz- und Hilfseinrichtungen muss garantiert sein.